Stefan Mackovik

Apr 242014
 

In der Falter – Ausgabe 17/2014 liefert Chefredakteur Armin Thurnher einen aus meiner Sicht guten, differenzierten Kommentar zur Ukraine- Krise.

Wenn er allerdings in einem Nebensatz meint, dass die “Putin – Fans” sich hierzulande nur um Strache und die FPÖ versammeln, dann irrt er meiner Meinung nach aber. Denn das “Putin” – Fantum ist auch innerhalb von Teilen der linken Reichshälfte zu finden. Offenbar glaubt man dort noch immer, den Schatten des Kommunismus zu erkennen, oder aber man denkt nach dem Motto: “Der Feind unseres imperialistischen Feindes ist unser Freund” – auch wenn er seinen eigenen Imperialismus betreibt.

Vergessen sind da scheinbar plötzlich die Repression Putins gegen RegierungskritikerInnen (Pussy Riot seien hier als Beispiel genannt), die schwulen-feindliche Gesetze oder die zunehmende Überwachung regierungskritischer Medien.

Man spürt – sowohl auf Seiten der PutinversteherInnen als auch der PutinkritikerInnen – jedenfalls erschreckenderweise eine Art unartikulierte Sehnsucht nach einem neuen “kalten Krieg”.

Selbstverständlich soll das nicht heißen, dass man sich uneingeschränkt hinter die ukrainische Regierung stellen darf. Die Vorgänge müssen in jedem Fall von unabhängiger Stelle untersucht, die Regierungsbeteiligung rechtsextremer Kräfte so bald als möglich beendet werden. Dass die “Nazis” aber die Ukraine übernommen hätten und die EU mit ihnen kollaborieren würde ist schlicht russische Propaganda, die von machen linken Organisationen unkritisch übernommen wird

Die Ukraine braucht eine föderalistische Verfassung, in der die einzelnen Regionen genügend Autonomie erhalten. Auch in der NATO hat die Ukraine selbstverständlich nichts verloren (weil die NATO eigentlich längst aufgelöst hätte werden müssen).

Was die Ukraine jedenfalls brauchen würde, wären aber in jedem Fall schnell wirklich freie, faire und demokratische Wahlen. Russlands Politik der Destabilisierung der Ukraine könnte aber genau das verunmöglichen – vermutlich, weil es kein Interesse an einer demokratischen Ukraine hat. Angesichts der Tatsache, dass in Russland von Demokratie längst auch keine Rede mehr sein kann, auch kein Wunder.

Zusätzlich sind Wortmeldungen, man wolle “russische Staatsbürger” mit möglichem militärischem Vorgehen schützen nicht gerade vertrauenerweckend, denn was würde als nächstes kommen? “Russische Bürger” sind nach Diktion Putins in vielen europäischen Ländern zu finden. Da könnten einem doch glatt eine Abwandlung eines bekannten Zitates in den Sinn kommen: “Morgen die Ukraine, und übermorgen ganz Europa”?

Jan 242014
 

Eigentlich wollte ich ja heute nicht hingehen, zur Kundgebung gegen den “Akademikerball”. Auf diesem Ball, an dem sinnigerweise HC Strache als nicht-studierter Zahntechniker teilnehmen darf, und an dem sich ein paar ewiggestrige Rechte aus Österreich und Europa treffen werden.

Eigentlich wollte ich mir einen gemütlichen Abend machen, denn der Ball ist zu unwichtig, um ihm zu viel Aufmerksamkeit zu schenken – zumal der Kartenverkauf eher schleppend verlaufen ist und im Gegensatz zu früher keine wirklich wichtigen Menschen den Ehrenschutz für den Ball übernommen haben.

Eigentlich gäbe es genügend Dinge, für die es viel mehr Wert wäre, auf die Straße zu gehen: für eine gerechtere Verteilung von Vermögen, für eine echte Bildungsreform, für eine bessere Regierung.

Eigentlich. Aber jetzt das: die Polizei will Wien zur Festung machen: eine riesige Sperrzone im ersten Bezirk, die größer wird als anlässlich des Besuchs des US-Präsidenten 2006. Und ein Vermummungsverbot in allen Innenstadtbezirken. Selbst die Pressefreiheit wird mit dem Vorwand der Sicherheit der Ballbesucher eingeschränkt.

“2000 Polizisten sollten den reibungslosen Ablauf des Balles und die Gewaltfreiheit der Proteste dagegen garantieren.” schreibt die FAZ – das sind angeblich 1000 Polizisten mehr als in den Jahren davor. Dabei hat sich in den letzten Jahren die “Gewalt” gegen Ballbesucher im Wesentlichen auf Farbbeutelwürfe und Bespucken beschränkt (beides auch keine intelligenten Handlungen). Die wahre Gewalt dagegen ging von anderer Seite aus – der Angriff auf den ehemaligen SP- Nationalrat Albrecht  Konecny ist hier noch in trauriger Erinnerung.

Man muss also den Eindruck gewinnen, dass die Polizei bewusst auf Eskalation im Vorfeld der Demonstrationen setzt – welche Beweggründe sie antreibt, darüber kann nur spekuliert werden. Denkbar wäre Argumente gegen die angekündigte Schließung von Polizeidiensstellen zu schaffen, oder aber sie will Instrumente wie die der “Gefahrenzonen” in Hamburg erhalten.

Dass Wien heute zur Festung gemacht wird und Bürgerrechte beschnitten werden sollen wird mich heute dazu bewegen, friedlich auf der Straße zu protestieren – und nicht die Tatsache, dass ein paar Witzfiguren aus dem rechten Milieu auf einem unbedeutenden Ball tanzen.

Nov 012013
 

Am 1. November 2011, also vor 2 Jahren, nahm die Radagentur, die mittlerweile mit der Schaffung einer Fußgängerbeauftragten zur  “Mobilitätsagentur” erweitert wurde, ihre Arbeit auf. Der damals definierte Aufgabenbereich der neu geschaffenen GmbH unter anderem: die  Öffentlichkeitsarbeit für den Radverkehr, Anlaufstelle für alle Radfahrorganisationen sowie die Schnittstelle zwischen Magistrat und Radfahrcommunity.

Da die Radagentur also genug Zeit hatte, sich in Ihrer Funktion zu beweisen, darf ein erstes Fazit gezogen werden. Aus meiner Sicht: die PR funktioniert gut. Überall in der Stadt verteilt findet man das hübsche Logo der Radagentur, der Radbeauftragte Martin Blum darf sich immer wieder in der Öffentlichkeit, etwa bei Diskussionen zum Thema, äußern und macht dies auch meist sehr zufriedenstellend und professionell. Auch hat man als Radfahrer in Wien durch die Agentur das Gefühl, freundlich, kompetent und mit Respekt behandelt zu werden – vielen Dank an dieser Stelle an all die netten MitarbeiterInnen der Mobilitätsagentur!

Das größte Manko der neu geschaffenen GmbH allerdings ist, dass sie keinerlei Entscheidungskompetenzen hat. So erfüllt sie Ihre Schnittstellenaufgabe zur Wiener Beamtenschaft – namentlich zu den Magistratsabteilungen 46 und 33 zwar – das sieht aber so aus, dass einem seitens der Agenturmitarbeiter nur freundlich mitgeteilt wird, warum dieses oder jenes Begehren zum Thema Radfahren “leider nicht umsetzbar” oder “leider nicht möglich ist. Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet: man hat eine Pufferzone zwischen BürgerInnen und Beamtenschaft geschaffen, wodurch sich letztere die direkte Konfrontation mit den Menschen zunehmend erspart.

In den verantwortlichen Magistratsabteilungen (hauptsächlich 46 und 33)  hat sich dagegen, so mein Eindruck, in Wirklichkeit wenig getan. Hier wird noch immer zuerst ans Auto gedacht, Innovationen im Radverkehr, ein Evaluieren und Überdenken etablierter, aber teilweise sinnloser, manchmal sogar gefährlicher Radverkehrslösungen findet nicht statt.

Um sich nicht dem Vorwurf, zu wenig zu tun, werden da und dort Maßnahmen – wie etwa die Erweiterung des Ringradweges – gesetzt oder Bodenmarkierungen erneuert, Radwege eingefärbt. Das man aber beispielsweise den Ringradweg – als teilweise  gefährliche Slalomstrecke für Fußgänger und Radfahrer – grundsätzlich hinterfragt – Fehlanzeige!

Die  MitarbeiterInnen der Radagentur haben selbstverständlich daran keine Schuld. Verantwortlich dafür sind die gewählten PolitikerInnen in den entsprechenden Ressorts – allen voran Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou als Leitern des Ressorts für Stadtentwicklung, Verkehr, Klimaschutz, Energieplanung und BürgerInnenbeteiligung. Es muss die Frage gestattet sein, ob sie entweder nicht genug Maßnahmen setzt beziehungsweise ob die Grünen nicht genug Durchsetzungsfähigkeit besitzen, um Ihre Ideen beim Thema Verkehr im Zusammenhang mit Radfahren in die Tat umzusetzen, und das auch abseits des derzeit viel diskutierten (und selbstverständlich ebenfalls wichtigen) “Prestigeprojektes” Fussgängerzone Mariahilfer Strasse.