Eigentlich wollte ich ja heute nicht hingehen, zur Kundgebung gegen den “Akademikerball”. Auf diesem Ball, an dem sinnigerweise HC Strache als nicht-studierter Zahntechniker teilnehmen darf, und an dem sich ein paar ewiggestrige Rechte aus Österreich und Europa treffen werden.
Eigentlich wollte ich mir einen gemütlichen Abend machen, denn der Ball ist zu unwichtig, um ihm zu viel Aufmerksamkeit zu schenken – zumal der Kartenverkauf eher schleppend verlaufen ist und im Gegensatz zu früher keine wirklich wichtigen Menschen den Ehrenschutz für den Ball übernommen haben.
Eigentlich gäbe es genügend Dinge, für die es viel mehr Wert wäre, auf die Straße zu gehen: für eine gerechtere Verteilung von Vermögen, für eine echte Bildungsreform, für eine bessere Regierung.
Eigentlich. Aber jetzt das: die Polizei will Wien zur Festung machen: eine riesige Sperrzone im ersten Bezirk, die größer wird als anlässlich des Besuchs des US-Präsidenten 2006. Und ein Vermummungsverbot in allen Innenstadtbezirken. Selbst die Pressefreiheit wird mit dem Vorwand der Sicherheit der Ballbesucher eingeschränkt.
“2000 Polizisten sollten den reibungslosen Ablauf des Balles und die Gewaltfreiheit der Proteste dagegen garantieren.” schreibt die FAZ – das sind angeblich 1000 Polizisten mehr als in den Jahren davor. Dabei hat sich in den letzten Jahren die “Gewalt” gegen Ballbesucher im Wesentlichen auf Farbbeutelwürfe und Bespucken beschränkt (beides auch keine intelligenten Handlungen). Die wahre Gewalt dagegen ging von anderer Seite aus – der Angriff auf den ehemaligen SP- Nationalrat Albrecht Konecny ist hier noch in trauriger Erinnerung.
Man muss also den Eindruck gewinnen, dass die Polizei bewusst auf Eskalation im Vorfeld der Demonstrationen setzt – welche Beweggründe sie antreibt, darüber kann nur spekuliert werden. Denkbar wäre Argumente gegen die angekündigte Schließung von Polizeidiensstellen zu schaffen, oder aber sie will Instrumente wie die der “Gefahrenzonen” in Hamburg erhalten.
Dass Wien heute zur Festung gemacht wird und Bürgerrechte beschnitten werden sollen wird mich heute dazu bewegen, friedlich auf der Straße zu protestieren – und nicht die Tatsache, dass ein paar Witzfiguren aus dem rechten Milieu auf einem unbedeutenden Ball tanzen.