Stefan Mackovik

Jul 132015
 

Viele Griechen haben bei den vergangen Wahlen die linke “Syriza” gewählt, in der Hoffnung, dass diese Partei etwas gegen die – vor allem in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht – katastrophalen Zustände im Land unternehmen könnte. Gehofft hat aber nicht nur die griechische Bevölkerung, sondern auch viele Menschen in Europa, dass es dem linken Bündnis gelingen würde, ein Umdenken in der Wirtschafts- und Sozialpolitik des Kontinents anzustossen und endlich vom dogmatischen Sparwahn und der in Europa selbst nach der Krise von 2008 nach wie vor herrschenden Ideologie des Neoliberalismus abzurücken.

Was sich in den vergangen Wochen Tagen und Wochen in Sachen Griechenland abgespielt hat, bestärkt aber die Hoffnung auf ein “anderes Europa” nicht gerade. Während Premierminister Tsipras’ Entschluss, ein Referendum über das Spardiktat der Euro- Länder abzuhalten, ein mutiger war, und das Ergebnis wunderbar eindeutig ausfiel, ist die 180 Grad – Kehrtwende des Syriza- Vorsitzenden, die er binnen kurzer Zeit bis zum 13. Juli vollzogen hat, in keiner Weise mehr zu begreifen. Erst die Zukunft zeigen, was am Wochenende vor diesem 13. Juli zu diesem Schwenk geführt hat. Denn die “Einigung”, die jetzt zustande kam beinhaltet genau wieder jene Maßnahmen, gegen die sich das Griechische Volk am 6. Juli mit über 61 Prozent ausgesprochen hat. Ein Premier, der  gegen einen so explizit formulierten Wunsch handelt, ist aus meiner Sicht rücktrittsreif.

Der Schaden, die die Handlungsweise Tsipras’ angerichtet hat, lässt sich derzeit noch schwer abschätzen. Zunächst wären da natürlich die Auswirkungen auf Bevölkerung und Wirtschaft zu betrachten. Noch sind Details über das Abkommen zwar rar – dem Vernehmen nach  sind die geforderten Maßnahmen aber teilweise sogar härter denn je zuvor. Bereits bekannt ist die geplante Privatsierung von Staatsvermögen , die unter den gegeben Umständen wohl nur Schleuderpreise am Markt lukrieren wird, sowie die Erhöhung der Mehrwehrtssteuer. beides verheißt jedenfalls nichts Gutes.

Auch all jene, die auf ein langsames Umdenken in der europäischen Wirtschafts- und Sozialpoltik, weg von Austerität und Sozialabbau hin zu Maßnahmen zu sinn- und maßvollem Sparen, mehr sozialer Gerechtigkeit und Ankurbelung der Wirtschaft gehofft hatten, sind wohl jetzt desillusioniert. Gerade die europäische Linke, die bisher “ein anderes Europa  ist möglich” (ich glaube trotzdem noch daran)  zu Ihrem Motto erkoren hat, könnte sich nun diskreditiert haben. Diesbezüglich darf man gespannt auf den Ausgang der Wahlen im kommenden Herbst in Spanien und dem Abschneiden von Podemos sein.

Zur Rolle deutscher Politiker (und Medien) in der “Griechenlandkrise” möchte ich gar nicht zu viel Platz verschwenden, denn die Gefahr, dabei ausfällig zu werden, ist zu hoch. Das Wort “verachtenswert” trifft es wohl am Ehesten. Wäre man mit “den Deutschen” nach dem Zweiten Weltkrieg so verfahren, wie sie es jetzt mit Griechenland gemacht hatten, würden die Geschichtsbücher heute mit Sicherheit bereits von einem Dritten berichten.

Die Süddeutsche schreibt über Deutschland zur Krise:

“Jeden Cent an Griechenland-Hilfe, den sie den Bundesbürgern zu ersparen suchte, wird sie in den kommenden Jahren doppelt und dreifach ausgeben müssen, um dieses Bild wieder aufzupolieren.”

Dieser Aussage ist bedingungslos zuzustimmen. Merkel, Schäuble & Co haben das Vertrauen in Europa durch ihre Wortwahl und ihr Handeln nachhaltig beschädigt.

Es steht zu befürchten, dass das Zusammenwirken einer erfolglosen Linken und der hirnlos agierenden “etablierten Parteien” (Konservative, Sozialdemokraten, Liberale) dazu führen wird, dass sich der Aufstieg der Rechtextremen in ganz Europa beschleunigen wird. Um unser aller Willen hoffe jedenfalls nicht, dass wir in Zukunft eines Tages auf diesen 13. Juli 2015 als dem Anfang vom Ende zurückblicken müssen.

Okt 042014
 
Fahrradabstellraum

So sehen heute viele kombinierte Fahrrad-/Kinderwagenabstellräume aus: ein Chaos ohne diebstahlsichere Abstellanlagen.

Im “Drahtesel” 3/2014 streicht Christoph Chorherr, ein altgedienter grüner Stadtpolitiker, der sich schon oft um fortschrittliche Radpolitik in Wien verdient gemacht hat, angebliche Fortschritte in Bezug auf die Unterbringung von Fahrrädern in Wohnhausanlagen mit der letzten Bauordnungsnovelle hervor.

Tatsache ist, dass man, wenn man besagte Novelle nach dem Wort “Fahrrad” durchsucht , genau eine relevante Stelle findet:
(5) Auf jedem Bauplatz mit mehr als zwei Wohnungen ist in dem der Anzahl der Wohnungen entsprechenden Ausmaß ein Raum zum Abstellen von Kinderwagen und Fahrrädern vorzusehen. Räume zum Abstellen von Kinderwagen und Fahrrädern sowie Waschküchen, Müllräume, Saunaräume und andere Gemeinschaftsräume müssen vom Hauseingang barrierefrei, andernfalls mittels eines Aufzuges oder über Rampen beziehungsweise maschinelle Aufstiegshilfen, und gefahrlos für behinderte Menschen zugänglich und benützbar sein. Räume zum Abstellen von Kinderwagen müssen überdies vom Inneren des Gebäudes zugänglich sein. Bei der Ermittlung des erforderlichen Ausmaßes des Fahrradabstellraumes ist auf die besondere Bedeutung der umweltverträglichen Verkehrsart Rad fahren Bedacht zu nehmen. Durch die Ausgestaltung des Fahrradabstellraumes ist die Zugänglichkeit und Verfügbarkeit der abgestellten Fahrräder zu gewährleisten.

Abschnitt 8, §119 (59), Bauordnung für Wien, Fassung vom 04.10.2014

Abgesehen davon, dass der Satz über die “Ermittlung des erforderlichen Ausmaßes des Fahrradabstellraumes” nicht mehr ist als heiße Luft, weil Architekten und Bauträger damit selbst bestimmen können, wie viel ihnen die “umweltverträgliche Verkehrsart Rad” bedeutet, ist keine essentielle Verbesserung für die Radunterbringung in Wohnhäusern festzustellen: so gibt es weiterhin keine Verpflichtung für den Bauträger, die Radabstellräume entsprechend praktikabel auszustatten – Stichwort: diebstahlssichere Unterbringung, und es gibt auch nach wie vor keine verpflichtende Trennung von Kinderwagen- und Fahrradabstellräumen.

Mit anderen Worten: das Chaos, das in vielen “Radabstellräumen” derzeit herrscht, wird weiter bestehen. Trotz Beteuerung der Grünen im Vorfeld zu den Verhandlungen, die neue Bauordnung würde auch für RadlerInnen Verbesserungen bringen, ist daraus nichts geworden.

Es wird also auch in Zukunft nur vom Engagement der jeweiligen Hausverwaltungen bzw. Bauträger abhängen, Fahrradräume praktikabel zu gestalten. Und das ist, abgesehen von einigen einsamen “Leuchtturmprojekten” wie der “Bike City” im 2. Bezirk oftmals mit der Lupe zu suchen.

Schade um die vergebene Chance!

 

Mai 232014
 

Am Sonntag ist es auch in Österreich soweit: die Europawahl steht vor der Türe. Glaubt man den Umfragen, so geht das das Interesse an der Wahl zum Europaparlament seit Jahren zurück.

Dabei hat diese einzige demokratisch direkt legitimierte  Institution der Europäischen Union in den letzten Jahren an real-politischer Bedeutung gewonnen. So müssen sich potentielle Mitglieder der EU- Kommission dem Parlament einem Hearing stellen,die Kommission muss außerdem vom Parlament bestätigt werden – sprich: es hat auch die Möglichkeit, Kommissionsmitglieder abzulehnen. Wenn Angela Merkel also wirklich beschließen sollte, dass die Siegerfraktion im Parlament nicht den Präsidenten stellen soll, wird sie es schwer haben, jemand anderen durchzubringen. Ohne Zustimmung des Parlaments  kann außerdem kein Budget mehr beschlossen werden

Auch braucht die Kommission seit dem Lissabon – Vertrag bei vielen Themenbereichen die Zustimmung des Parlaments, wenn sie Richtlinien durchbringen will. Während die Kommission oft als Büttel der Konzerne und der Wirtschaft im Allgemeinen  auftritt, hat das Parlament in der vergangenen Periode oft bewiesen, dass es auf der Seite der BürgerInenn steht – man erinnere sich etwa daran, dass es die Saatgutverordnung gekippt hat, sich für ein schärferes Datenschutzrecht eingesetzt, gegen das ACTA- Abkommen gestimmt.

Sicherlich gibt es noch genug Negatives zu sagen über diese Europäische Union – beispielsweise dass Lobbying nach wie vor, vor allem bei der Kommission, aber auch im Parlament, viel zu wenig kontrolliert, transparent gemacht beziehungsweise eingeschränkt wird. Oder aber, dass die Abgeordneten bisher kein Initiativrecht besitzen, also keine Gesetzesvorschläge einbringen können (ein Recht, dass das Parlament übrigens über alle Fraktionen hinweg einfordert).

Die mangelnde Macht des Parlaments bringt mich gerade zu meiner

1. Wahlempfehlung: am Sonntag unbedingt hingehen und wählen!

denn: eine möglichst hohe Beteiligung würde zeigen, dass uns etwas an demokratischer Mitbestimmung liegt, und dass wir wollen, dass diese Europäische Union wesentlich demokratischer werden muss!

Genauso wichtig ist aus meiner Sicht:

2. Grundsätzlich pro-europäische Kräfte wählen!

Die Europawahl zum Verteilen von “Denkzetteln” zu missbrauchen nützt niemanden, außer den Populisten. Mit “pro-europiäsch” meine ich all jene Parteien, die nicht für ein “Europa der Vaterländer” eintreten, oder, wie Ewald Stadlers “Rekos”, gar das Parlament (nochmal: die einzig direkt legitimierte demokratische Institution!) abschaffen wollen, oder völlig naiv und gefährlich von einem Austritt träumen, wie “EU Stopp!”. Mit pro-europäsich meine ich all jene, die nicht einer dummen “Nationalstaatsnostalgie” verfallen sind und glauben, dass es wieder so werden könnte wie vor 1995. Pro- europäisch heißt aber durchaus: kritisch sein gegenüber dem Europa, wie es sich jetzt präsentiert, in dem nach wie vor die neoliberale Ideologie vorherrscht und in dem das Wohl der Menschen viel zu oft hinter das Wohl der Menschen gereiht wird. Dementsprechend sehe ich sowohl SPÖ, ÖVP, Neos als auch Grüne und “Europa anders” als “pro-europäische” Kräfte.

3. Michel Reimon mit Vorzugsstimme wählen!

Die Entscheidung, wem ich dieses Mal meine Stimme geben werde, fällt mir bei dieser Wahl sehr leicht: Michel Reimon von den Grünen bekommt meine Stimme, weil er als Globalisierungskritiker anerkannt ist (darüber sogar Bücher geschrieben hat), meist linke Postionen vertritt und dennoch einen gesunden Pragmatismus an den Tag legt (etwa indem er meint, dass die Abschaffung von Frontex keine Probleme lösen würde, weil dann die Nationalsstaen die Aufgaben der Agentur übernehmen würden damit die Kontrolle durch das Parlament wegfallen würde). Ich finde, er sollte die Chance bekommen, sein Wissen und Können im Europaparlament unter Beweis zu stellen!

Meine zweite Wahl hinter den Grünen wäre übrigens Europa anders – einem bunten Bündnis, in dem ebenfalls viele kluge und engagierte Köpfe zu finden sind – auch wenn ich bisschen ein Problem damit hätte, damit dem politisch Chamäleon Martin Ehrenhauser ins zurück ins Parlament zu verhelfen.

Mein wichtigstes Anliegen bleibt allerdings:

Sonntag wählen gehen – und Europas Zukunft mitbestimmen!

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Mai 152014
 

Aktuell sind sie gerade wieder heiß diskutiert: die Wahlplakate der Grünen. Erst war es das “Gurkenkrümmungsplakat” , dass die Gemüter erhitzte. Was wohl als augenzwinkernder Scherz gemeint war, wurde von manchen gleich empört als Unwürdiges Spiel mit EU- Klischees interpretiert.

Jüngst sorgt das “Strasser-Plakat” für Aufregung. Von “menschenunwürdig” war da die Rede. “Das arme Unschuldslämmchen Strasser” möchte ich dazu ironisch erwidern. Michel Reimon, Listenzweiter der Grünen beim EU-Wahlkampf, meinte neulich im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung im Kulturzentrum Siebenstern, dass “Grüne und Wahlplakate nicht kompatibel” seinen. Das wird wohl auch wenigstens teilweise seine Richtigkeit haben. Gerade die Grünen werden in Punkte Wahlplakaten an einem besonders hohen Masstab gemessen: einmal ist den einen das eine Wahlplakat zu langweilig, das andere mal zu kontrovers.

Aber mal ehrlich: bis jetzt ist mir noch kein Wahlplakat bei dieser Wahl (und so mancher davor) untergekommen, dass ich als besonders einfallsreich empfunden hätte – und dabei ist es herzlich egal, von welcher Partei es kommt.Erinnert sich noch jemand an den Wahlkampf zur Landtagswahl 2013 in Kärnten?  Damals verzichteten unter anderem SPÖ und Grüne auf Wahlplakate – und gewannen die Wahl.

Auch wenn der Verzicht wohl eher symbolisch zu sehen war – schließlich war Land nach den BZÖ – Skandalen (Hypo, Stadion,..) gebeutelt und man wollte das Wahlvolk wohl nicht über-strapazieren – so war dies doch der eindeutige Beweis, dass man Wahlen auch dann gewinnen kann, wenn man die Straßen nicht mit Dreiecksständern zupflastert  und wenn einem nicht wochenlang von tausenden Plakatwänden Politikergesichter angrinsen.

Es stellt sich also die Frage: Brauchen wir das überhaupt? Warum also schaffen wir also nicht einfach diese im wahrsten Sinne des Wortes plakative Form der Wahlwerbung nicht einfach ab?

Es wäre wohl nur die Werbeindustrie, die gegen die Abschaffunfg von Wahlplakatkampagnen Sturm laufen würde – das Steuergeld, das dadurch frei würde wäre aber in jedem Fall woanders sicher besser angelegt.

 

Mai 022014
 

Hier wird Poltik gemacht“Die Österreicher empfinden sich als schlecht informiert über das Europäische Parlament[…]” – das sagte der Studienleiter David Pfarrhofer des Marktforschungsinstitutes “market” laut derStandard vier Monate vor der Wahl zum EU-Parlament.
Jetzt, knapp drei Wochen vor der Wahl, darf bezweifelt werten, dass sich daran viel geändert hat.

Der Aussage, dass es sich “schlecht-informiert-fühlens” muss man, wie bei vielen anderen politischen Themen allerdings zunächst einmal energisch entgegenhalten:

Information ist nicht nur eine Bring-, sondern in auch eine Hohlschuld. Für jeden aufrechten Demokraten sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, sich  auch Informationen zu beschaffen. Dazu kann es eben auch manchmal notwendig sein, sich auch mit Medien zu befassen, die man normalerweise nicht oder nur selten konsumiert.

Denn eines ist richtig: selbst in österreichischen Qualitätszeitungen wie dem “Standard” oder der Presse, aber auch im ORF sind europäische Themen, im Speziellen auch die Berichterstattung  aus dem Europaparlament entweder Mangelware oder werden verschämt im Programm verräumt: so findet sich die durchaus interessante Sendung “Inside Brüssel” etwa nur im Spartensender ORF 3. In den letzten Wochen vor der Wahl ist zwar eine erhöhte Betriebsamkeit in diversen Medien zum Thema erkennbar – das gleicht aber erstens oftmals einer lästigen Pflichtübung, ist aber zweitens sowieso zu wenig.

Auch unter dem Jahr, abseits von Wahlen sollten Berichte über Beschlüsse und Stellungnahmen des EPs in jeder Hauptabendnachrichtensendung und in jedem Politikteil der Tageszeitungen eine Selbstverständlichkeit sein. Damit würde man der wachsenden Bedeutung des Europäische n Parlaments endlich gerecht werden.

Bis sich diese Notwendigkeit in den österreichischen – und wohl auch vielen Medien anderer Europäischen Ländern – herumgesprochen hat, gibt es aber dennoch auch jetzt schon genug Möglichkeiten, sich umfassend zu informieren, hier nur einige Beispiele:

  • EU2014 – ein  Wahlinformations-Blog das über die Wahl zum Europäischen Parlament berichtet und dessen Redaktion großteils aus SchülerInnen besteht
  • EU-Infothek – Online- Nachrichtenmagazin mit Informationen, Berichten, Interviews und Kommentaren zu politischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten der Europäischen Union.
  • Offizielle Seite des Europäischen Parlaments
  • Nachrichten- Seite der Europäischen Kommission
  • European Voice – englischsprachig Wochenzeitung über EU-Politik

Auch Twitter ist eine gute Quelle, als Einstiegshilfe sei hier meine “Europa”- Twitterlist erwähnt, auf der einige Spitzenpolitiker, Parteien und Institutionen zu finden sind. Eine vollständige Liste aller Twitter- Feeds von Mitgliedern aus dem Europaparlament ist EP Newshub.

Wer wirklich Interesse daran hat, dem bieten sich jedenfalls genug Möglichkeiten, sich über das Europaparlament, der einzig wirklich demokratisch (direkt) legitimierten Institution in der EU, zu informieren.

Und nicht vergessen: am 25. Mai zur EUROPAWAHL – Deine Stimme für konstruktive Kräfte!