Stefan Mackovik

Jun 212018
 

Es wird Zeit, diesen Blog um eine Facette reicher zu machen: vom 22. Juni bis 7. Juli bin ich in Skandinavien unterwegs. In einer von der Firma Kneissl Touristik organisierten Reise geht es von Oslo über die Lofoten bis zum Nordkap, weiter nach Oulo über Helsinki und dann als Abschluss nach Stockholm, das ich bereits letztes Jahr einmal im Rahmen eines Wochenendtrips besucht habe.

In dieser Zeit wird aus diesem Blog ein Reiseblog werden, auf dem ich regelmäßig über die Tour, das Erlebte und vor allem meine Eindrücke vermitteln werde. Selbstverständlich gehören dazu auch Fotos, die ein Gefühl für den hohen Norden vermitteln helfen sollen.

Meine ersten Erfahrungen mit dem nördlichen Europa konnte ich im Jahr 2015 sammeln. Damals war lernte ich Dänemark im Rahmen einer organisierten Radreise durchs Land kennen – und war begeistert. An sich zieht es mich eher regelmäßig Richtung Süden – ans Mittelmeer, das rote Meer oder den indischen Ozean. Der Aussicht auf oft verregnetes, kühles Klima stand ich damals eher skeptisch gegenüber. Doch ich wurde positiv überrascht: vor allem die Mischung aus dichten Wäldern und  wunderschöner Küste fand ich faszinierend. Das Interesse für den Norden war geweckt, und ich erwarte mir von Norwegen, Finnland und Schweden mindestens ähnlich faszinierende Ein- und Ausblicke. Ich bin gespannt und werde berichten.

Nov 232017
 

Türkisblau wird sich wenig von Schüssels Schwarzblau  unterscheiden

Beginnend mit dem Februar 2000 demonstrierten Tausende gegen die Regierungsbeteiligung der rechtsextremen FPÖ. Der ORF Wien beschäftigte sich vor Kurzem mit der Frage, warum gegen die – wahrscheinliche – neuerliche Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen viel weniger demonstriert wird als damals. Die bisher größte Kundgebung seit der Wahl war eine “Lichterkette” rund ums Regierungsviertel am 15. November. Die Anzahl der TeilnehmerInnen war mit geschätzten 10.000 auch weit geringer als in den  “Wendejahren”

Die Situation, in der sich das Land befindet derzeit befindet, ist auch in vielen Dingen nicht mit der von 2000 vergleichbar. Für die Wahl im Jahr 2017 habe ich von Anfang an damit gerechnet, dass die FPÖ an einer Regierung beteiligt sein würde. Die einzige Frage, die ich mir stellte war, ob sie mit Hilfe von Rot oder mit Schwarz/Türkis an die Macht kommen würden.

Das Rennen hat dann die kurz’sche ÖVP gemacht, in dem sie FPÖ- Positionen 1:1 kopierte. Die Strategie der SPÖ, mit einem ihrer wichtigsten Themen, der Verteilungsgerechtigkeit zu punkten ging nicht auf, beziehungsweise wurde natürlich durch die “Silberstein- Affäre” konterkariert

Was die politischen Inhalte betrifft, muss gesagt werden, dass sich ÖVP und SPÖ nicht erst in der letzten Legislaturperiode immer mehr an FPÖ- Positionen angenähert haben. Ich erinnere da an das populistische Verhüllungsverbot, dass die SPVP – Koalition beschloss,  die peinliche Diskussion über die Aufnahme von 50 minderjährigen Flüchtlingen oder die Forderung der Schließung der Brenner- Grenze, mit der sich SP- Doskozil und VP- Kurz gegenseitig überbieten wollten und die für Verstimmung mit Italien sorgte.

So gesehen beherrscht die FPÖ schon lange große Teile der österreichischen Politik, beispielsweise sind etwa viele der Forderungen aus dem “Österreich zuerst” – Volksbegehren der FPÖ, das 1992 noch für Massenproteste sorgte, mittlerweile längst Gesetz. Die FPÖ hat also mit dafür gesorgt, dass die Republik die realpolitisch nach rechts gerückt ist.

Jetzt wird die FPÖ also nicht nur den Diskurs vor sich hertreiben sondern demnächst auch Regierungsämter besetzen. Dagegen werden wird wieder demonstriert werden, aber es werden längst nicht so viele wie anno 2000. Denn damals hat Wolfgang Schüssel ein Wahlversprechen gebrochen, um an die Macht zu kommen. Er überrumpelte das Land, indem er scheinbar über Nacht mit den Freiheitlichen einen Koalitionspakt präsentierte. Und damit war der “antifaschistische Schutzwall”, der bis dahin eine Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen verhinderte, gebrochen. Dieser wird auch – ob man das gut findet oder nicht – auch nie wieder errichtet werden können.

2017 hat die Volkspartei mit freiheitlichen Positionen den ersten Platz bei der Wahl errungen, es kommt daher auch nicht sehr überraschend, dass sie mit jener Partei koalieren will, mit der sie meisten inhaltlichen Positionen teilt.

Fast 58 Prozent derjenigen, die von Ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht haben, äußerten damit ihren Wunsch nach einer neoliberalen, rechts-rechten Regierung. Eine Mehrheit will also (wieder) eine rassistische, arbeitnehmerfeindliche Politik des Sozialabbaus und der Korruption. Diese wird sie mit ziemlicher Sicherheit auch bekommen.Jedes Volk bekommt eben die Regierung, die es verdient.

Gegen einiges, was Türkisblau plant werde ich wohl wieder auf die Straße gehen, aber sicher nicht mehr in der Häufigkeit und mit dem Elan, mit dem ich es von 2000 – 2006 getan habe. Das heißt aber nicht, dass ich resigniere. Vielmehr halte ich es für wichtiger, diesmal  konstruktiv am Aufbau bzw. der Stärkung einer progressiven Alternative zum türkisschwarzblauen Modell mitzuarbeiten. Das ist mit Sicherheit erfolgversprechender als wöchentlich auf die Straße zu gehen.

Nov 302015
 

Wir treffen uns seit einem Monat regelmäßig mit einer Flüchtlingsfamilie. Begonnen hat alles mit unserem schlechten Gewissen. Dem schlechten Gewissen, dass wir ein gutes Leben führen, uns Dinge kaufen und leisten, die wir eigentlich gar nicht brauchen, während andere – auch in Österreich – ums tägliche Überleben kämpfen und Menschen mit nicht viel mehr als ihren Kleidern am Leib vor Kriegen aus ihren Heimatländern flüchten müssen.

Dann begann im September 2015 die Flüchtlingswelle: Wir sahen die schrecklichen Bilder in Ungarn, die Menschen, die sich in ihrer Verzweifelung zu Fuß von Ungarn auf den Weg nach Österreich machten, die sofortige Hilfsbereitschaft der Zivilgesellschaft an den Bahnhöfen in Österreich. Gleichzeitig waren wir gar nicht überrascht vom Versagen der österreichischen Innenpolitik geschweige denn von der Hetze und den primitiven Parolen aus den einschlägigen Reihen. Betroffen und nachdenklich gestimmt hat uns hingegen die skeptisch-ablehnende Haltung aus unserem eigenen Umfeld, wonach uns diese gesamte Flüchtlingssituation auf Dauer überfordern werde, diese Flüchtlinge mit einer gänzlich falschen Erwartungshaltung zu uns kämen oder schlichtweg nicht zu uns passen. Solche Antworten wollten wir freilich nicht akzeptieren.

Schließlich brachten uns diese vielen Diskussionen auf eine Idee. Wir schrieben eine der Hilfsorganisationen an, mit dem Vorschlag, dass wir gerne in Kontakt zu Flüchtlingen treten wollen. Wir würden diese Menschen in weiterer Folge alle ein bis zwei Wochen treffen, mit ihnen etwas unternehmen – spazieren gehen, ein Museum besuchen oder einfach Deutsch lernen. Wir wussten zu diesem Zeitpunkt auch nicht, ob dies funktioniert, waren sogar skeptisch gegenüber solch „organisierten Bekanntschaften”.

Heute wissen wir: Es ist möglich. Wir haben die vierköpfige Familie aus dem arabischen Raum mittlerweile drei Mal getroffen. Bei einem einem ersten kurzen Treffen in Anwesenheit einer Mitarbeiterin der Flüchtlings-NGO tauschten wir Telefonnummern aus und verabredeten uns für das kommende Wochenende.

Der darauf folgende Sonntag erwies sich dann als äußerst schön, sehr lehrreich und interessant – und zwar sowohl für uns als auch für die Familie. Gemeinsam besuchten wir den Wiener Christkindlmarkt und ein bekanntes Wiener Kaffeehaus. Überraschend für uns kam dann die Essenseinladung der Familie in ihre Unterkunft. Wir genossen ein herrlich zubereitetes arabisches Essen.

Lehrreich war der Tag für uns, weil wir erkannten, dass sich ihre Art zu Leben so gut wie gar nicht von der unsrigen unterscheidet. Vielen Fragen der Familie, insbesondere zur komplizierten deutschen Grammatik, konnten wir beschähmenderweise auch nicht restlos beantworten. Dass die Uhren in Österreich im Hinblick auf die Dauer der Asylverfahren anders ticken, ist leider ein trauriges auch für uns unverständliches Faktum, was wir mit der Familie – die seit mehr als zwei Jahren auf eine Erledigung ihres Verfahrens wartet – ebenfalls erörterten.

Beim dritten Treffen haben sie uns in der Wohnung besucht, wir haben gemeinsam Deutsch und Arabisch gelernt, gekocht und gegessen. Für die Zukunft sind gemeinsame Museumsbesuche, gemeinsames Kochen und vieles mehr geplant. Es steht mit Sicherheit noch eine interessante und schöne Zeit vor uns. Wir gestehen aber durchaus zu, dass wir noch vor dem Kennenlernen die Treffen mit diesen Menschen als eine ehrenamtliche Aufgabe betrachteten. Allerdings änderte sich dieser Zugang schon nach dem ersten Kennenlernen: Denn für uns sind es mittlerweile kein Treffen mehr mit Flüchtlingen, sondern vielmehr Treffen mit Freunden (mittlerweile kommunizieren wir auch fast täglich über Whatsapp und tauschen uns aus), die für alle bereichernd sind und eine Freude machen.

Die wichtigste Erkenntnis ist: genau SO kann ehrlich gemeinte Integration funktionieren. Nämlich: indem BEIDE Seiten offen und willens sind, einander kennen zu lernen.

Die Erfahrungen, die wir in den letzten Wochen sammeln durften, haben uns auf eine Idee gebracht: Wie wäre es, eine Onlineplattform zu schaffen, auf der sich interessierte AsylwerberInnen und interessierte ÖsterreicherInnen einfach und unkompliziert kennenlernen können? Wir stellen uns dabei etwas Ähnliches vor wie eine der zahlreichen Partnerbörsen, nur eben mit dem Ziel, Integration zu fördern.

Wir haben unter dem Arbeitstitel „hit it off“ (englisch für „sich gut verstehen“) ein erstes Konzeptpapier erarbeitet, dass wir hiermit zur Diskussion stellen.

Bianca Fink und Stefan Mackovik.

Sep 022015
 
Kerzen für tote Flüchtlinge.

Teilnehmer der Kundgebung “Mensch sein in Österreich” zünden vor dem Parlament im Gedenken an die 71 totel Flüchtlinge der A4 und der tausenden, die auf der Flucht Richtung Europa ums Leben gekommen sind, an.

Nach meinem Artikel von letzter Woche ist eine weitere Zahl seit Montag, den 31. August  relevant in diesem Land: #Zwanzigtausend. So viele Menschen haben am Abend dieses Tages  in Wien für eine menschlichere Asylpolitik demonstriert. Die Farbe weiß – als Symbol für den Frieden – dominierte. bei dieser Kundgebung.

Am selben Tag beteiligten sich auch viele Privatpersonen spontan an der Versorgung von Refugees, die nach Tagen des Wartens am Bahnhof in Budapest unerwarteterweise aus Ungarn ausreisen und durch Österreich mit dem Zug Richtung Deutschland fahren durften. Selbst die österreichische Polizei hielt sich diesmal zurück und ließ die Menschen nach Deutschland weiterreisen.

All das macht Hoffnung. Hoffnung darauf, dass in Österreich ein Umdenken begonnen hat.

Aug 282015
 

#Einundsiebzig – so viele tote Asylwerber wurden am Donnerstag, dem 27. August in einem abgestellten LKW im Burgenland, nahe der ungarischen Grenze gefunden. Jetzt ist das Asyldrama, dass für die meisten ÖsterreicherInnen sich trotz allem irgendwo “da draußen, weit weg am Mittelmeer” abspielte endgültig auch bei uns angekommen. Für unsere Innenministerin sind die Schuldigen schnell gefunden : “die Schlepper”. Für die jetzt gefundenen einundsiebzig toten Flüchtlinge stimmt das zunächst natürlich einmal.

Johanna Mikl-Leitner gibt sich angesichts von  Rücktrittaufforderungen an sie  “betroffen” und beschwert sich darüber, dass man wieder Schuld bei der Innenministerin suchen würde. Dabei ist die Suche nach dieser Schuldfrage längst abgeschlossen. Denn natürlich trägt sie Mitschuld bzw. –verantwortung für diese – und die unzähligen weiteren Flüchtlingstragödien in und um Europa. Zusammen mit all den anderen InnenministerInnen, Regierungen und Parlamenten, die die heute geltenden Asylgesetze,  -bestimmungen und -verordnungen innerhalb der Europäischen Union ausverhandelt und beschlossen haben.

In Deutschland verwendeten man statt dem bei uns uns gebräuchlichen Begriff “Schlepper” das Wort “Schleuser” für Menschen, die Flüchtlinge “illegal” über eine Grenze bringen. Dieses Wort verdeutlicht für mich mehr, dass die Flüchtlinge ja nicht unfreiwillig in europäische Staaten “verschleppt” werden, sondern freiwillig – und oftmals ohne zu Wissen welche Gefahren auf der Reise auf sie lauern -Möglichkeiten in Anspruch zu nehmen, die Ihnen ein sicheres Leben in einem anderen Land ermöglichen sollen, sie lassen sich also sozusagen “einschleusen”

Wenn jetzt – wieder einmal  – ein noch härterer Kampf gegen die “Schlepper” von Seiten der Regierungen angekündigt wird, dann übersehen sie, oder wollen die Tatsache einfach ignorieren, dass für diese oftmals gefährliche oder tödliche Dienstleistung einfach ein Bedarf existiert, den die “Schlepper” bedienen. Das heißt nicht, dass viele “Schlepper” nicht skrupellose Verbrecher sind, aber der Punkt ist: sie haben diesen Bedarf nicht geschaffen, sie schlagen höchsten Kapital daraus.

Den Schwarzmarkt für Schlepperei haben nämlich die zuvor genannten PolitikerInnen zu verantworten, und zwar durch jene Gesetze, Verordnungen usw. – allen voran durch Dublin III – die eine legale Einreise nach Europa bis heute sehr schwer bis unmöglich machen. Wer nicht auf “legalem” Weg aus einem Land, in dem Krieg und Gewalt herrscht, flüchten kann, wird es eben früher oder später auf “illegalem” Weg versuchen.

Das Einsehen der Regierungen, Innenminister und Parlamente in Europa, dass die jetzige Situation untragbar ist, dass neue Bestimmungen geschaffen werden müssen, fehlt leider nach wie vor.

Es muss einerseits für die Menschen legale Möglichkeiten zur Flucht geben, es müssen einheitliche, menschenrechtlich einwandfreie und menschenwürdige Standards für die Unterbringung von Asylwerbern für ganz Europa geben. Andererseits müssen sowohl die Kosten, als auch die Menschen fair über Europa verteilt werden. Für die EU wird die Flüchtlingsfrage zur Nagelprobe. Gelingt hier keine faire Einigung, dürfte die Frage, ob sie nur eine Wirtschaftsgemeinschaft oder doch auch eine politische ist, entgültig geklärt sein. Bisher zeigt sich jedenfalls, dass die Menschenrechte, die in Sonntagsreden so gerne hochgehalten werden, das Papier nicht wert sind, auf dem sie geschrieben wurden.

Um zum Schluss nochmals zu Mikl-Leitner und der Rücktrittfrage zurück zu kommen: diese politische Konsequenz hätte sie bereits vor der Tragödie im Burgenland längst ziehen müssen, denn das vollständige Versagen (oder das politische Spiel?) in der Frage der Asylwerberunterbringung, das in ihren Kompetenzbereich fällt, sollten eigentlich schon Anlass genug gegeben haben.