Stefan Mackovik

Aug. 212009
 

Begonnen hat die Diskussion Sozialminister Rudolf Hundstorfer mit seiner Ankündigung, die Anzahl der geleisteten Überstunden in Österreich senken zu wollen. Dabei wollte er aber explizit die Aussage nicht als „Plädoyer für die 35-Stunden-Woche“ verstanden wissen.

Dieses Plädoyer haben gestern die Grünen abgeliefert, und sie haben recht mit Ihren Forderungen bzw. Vorschlägen. Allein die Tatsache, dass letztes Jahr 370 Millionen Überstunden in Österreich geleistet wurden, die Anzahl der Jobs aber, aufgrund zunehmender Automatisierung und aktuell auch wegen der Wirtschaftskrise, tendenziell eher weniger als mehr werden, sollte zum Nachdenken anregen. Ist es beispielsweise wirklich sinnvoll, dass viele Mitbürger 50, 60 oder 70 Stunden pro Woche arbeiten?

Sicher geht die Rechnung, dass mit der vollständigen Abschaffung von Überstunden 180.000 Vollzeitarbeitsplätze geschaffen würden, derzeit so nicht auf. Schließlich gibt es beispielsweise im IT-Bereich Arbeitskräftemangel, sprich: es wären gar keine Leute da, die Arbeit der weggefallenen Überstunden erledigen könnten. Außerdem dürften einem Arbeitgeber zwei Arbeitnehmer, die 35 Stunden pro Woche arbeiten nicht mehr kosten als als einer, der 70 Stunden arbeitet.

Auch wenn also noch viele Details zu klären, so gehen die grundsätzlichen Überlegungen in die richtige Richtung. Wenn es immer mehr Menschen in arbeitsfähigen Alter gibt, die Anzahl der Arbeitsplätze aber nicht in gleichem Masse steigt, muss die vorhandene Arbeit eben auf mehr Menschen aufgeteilt werden, sprich: für viele weniger Arbeit, statt für Wenige viel Arbeit und für den Rest gar nichts. Die Alternative dazu ist, dass Wenige für den Erhalt derjenigen arbeiten, die keine Arbeit haben. Und diese Alternative ist – Stichwort Sozialschmarotzer noch viel verpönter in unserer Zeit.

Überhaupt sollte man bestimmte Werte unserer heutigen Industriegesellschaft ernsthaft zu hinterfragen beginnen. In großen Teilen der Bevölkerung ist dann jemand wichtig und angesehen, wenn er viel arbeitet, wenig schläft – und  „Zeit für gar nix hat“ (außer Arbeit).

Dabei ist es zumindest aus meiner Sicht viel besser, wenn man nicht lebt, um zu Arbeiten, sondern arbeitet um zu leben.

Aug. 172009
 

Seit 2006 ist Critical Mass in Wien und anderen Städten österreichischen Städten (wieder) regelmässig aktiv.  Von der medialen Öffentlichkeit hierzulande (bisher leider) meist unbemerkt, treffen sich beispielsweise in Wien Monat für Monat einige hundert RadfahrerInnen zur Protestfahrt durch die Innenstädte. Dabei wird für die Rechte des unmotoriserten Verkehrs im öffentlichen Raum demonstriert. Nach wie vor werden RadfahrerInnen gegenüber dem Autoverkehr benachteiligt, gerade in Wien – und das, obwohl Radfahren zum Klimaschutz beiträgt und obendrei nicht nur gesund, sondern auch die schnellste Art der Fortbewegung in der Stadt ist.

Gerade in Wien ist derartiger Protest notwendig:  abgesehen von einigen prestigeträchtigen Alibiaktionen der SPÖ gibt es nach wie vor unzählige Radwege, die im Nirvana enden, zu wenige Abstellplätze und bei Straßenneubauten werden die mit muskelkraft betriebenen Zweiräder selten berücksichtigt.

„Critical Mass“ ist (neben dem Engagement in Fahrradclubs wie Argus) eine Form, ein Zeichen gegen die Auto- zentrierte Verkehrspolitik zu setzen. Obendrein macht es auch noch Spaß, wenn Hunderte Menschen quer durch Stadt radeln, unter anderem auf Straßen, die sonst den PKWs und LKWs vorbehalten bleiben.

Die nächste Gelegenheit zum Mitmachen bietet sich in Wien am kommenden

Freitag, den 21.August ab 16:30 Uhr am Schwarzenbergplatz (Hochstrahlbrunnen)
Abfahrt pünktlich um 17 Uhr

Juli 162009
 

Was der Rechnungshof jetzt aufgedeckt hat, kann wohl kein ehrlicher Steuerzahler in Österreich verstehen: das Finanzministerium hat, über die Bundesfinanzierungsagentur, jahrelang mit Steuergeldern spekuliert. Gerechtfertigt wird das damit, dass diverse Ratingagenturen die entsprechenden Papiere gut bewertet hätten. Jetzt hat man, wie zahlreiche österreichische Gemeinden zuvor, dadurch eine Menge Geld verloren. Geld, das, um es noch einmal zu erwähnen, den entsprechenden Herrschaften – meist aus der ÖVP- Reichshälfte stammend – nicht gehört, sondern dass sie im Auftrag der Steuerzahler bestmöglich verwalten sollten. Gut investiert wäre das Geld beispielsweise, wenn man es in eine Reform des Bildungswesens gesteckt oder in Forschung investiert hätte.

Als Optimist könnte man jetzt darauf hoffen, dass eine grundsätzliche Debatte darüber losgetreten wird, ob der Staat mit Steuergeld spekulieren darf. Als Realist weiß man, dass diese ganz schnell wieder in der Versenkung verschwinden wird – und weiter die neoliberale Gier, auch im Staatswesen, vorherrschen wird.

[Update 18.7.] Wie unter anderem die Presse berichtet, hat die dem BMF unterstellte Agentur sogar extra „Spielgeld“ zum Zweck der Spekulation an den Finanzmärkten aufgenommen.  Gerade unter schwarzen Finanzminstern haben diese „Spiele“ stark zugenommen. Angesichts dieser Enthüllungen fühlt man sich an den Ausspruch von SP- Edlinger erinnert, der damals gemeint hatte, eher würde er einen Hund auf eine Wurt aufpassen lassen als  die ÖVP auf das Budget. Rückblickend muss man sagen: er hatte (und hat) Recht!

Juli 012009
 

…ist auch gestorben“, sagt der Volksmund. Lieder scheint das in Österreicher gerade beim Thema Asyl und Asylwerbern der Fall zu sein. Jetzt versucht die selbsternannte „Law and Order“ – Innenministerin Fekter offensichtlich sogar schon Gemeinden mit Geld ködern um zumindest in die Nähe der Errichtung einer geplanten Erstaufnahmestelle zu kommen.

Durch ihre jahrelange Stimmungsmache ist es den Parteien rechts der Mitte, in Zusamenarbeit mit dem Boulevard, gelungen, dass große Teile der Bevölkerung mit den Begriffen „Asyl“ und „Migration“ nur noch Negatives assozieren. Viele denken automatisch sofort an „Asylmissbrauch“ und „Kriminalität“.

Davon, dass Asyl eigentlich von der Idee her etwas Positives ist, nämlich die Hilfe von Verfolgten, darüber spricht in diesem Land heute (fast) niemand mehr. Darüber, dass die überwiegende Mehrzahl der Asylwerber niemals mit den österreichischen Gesetzen in Konflikt kommt, genauso wenig.

So vergiftet ist in Österreich das Klima schon, dass es nahezu unmöglich scheint, einen Standort für ein zusätzliches Erstaufnahmezentrum in Südösterreich zu finden. Dabei sind oft ähnliche Muster zu beachten: zuerst „sickeren“ Informationen zum Bau eines neuen Heimes in diversen Medien durch, danach setzen sich Parteien wie die FPÖ auf das Thema und starten ihre hetzerischen Aktionen (Wie zum Beispiel in Wien-Floridsdorf). Meist ziehen dann die Verantwortlichen in der entsprechenden Gemeinde dann den Schwanz ein und blasen die Errichtung ab. Im oben genannten Beispiel sind die Angstmacher der rechten Seite allerdings schnell verstummt, die Ängste der AnrainerInnen erwiesen sich rasch als unbegründet.

Leider haben die wenigsten Gemeinden und Bürgermeister heutzutage den Mut, aktiv etwas gegen diese negative Grundstimmung zu tun, selbst wenn in Ihrem Gebiet der Betrieb eines Zentrums – nicht nur wirtschaftlich – sinnvoll wäre. Man darf natürlich nicht leugnen, das es Probleme rund um Asylzentren existieren, aber viele treten auch dadurch auf, dass es einfach viel zu wenige gibt und deshalb vorhandenen oft überfüllt sind. Und wo viele Menschen auf engem Raum zusammenleben müssen und noch dazu keiner geregelten bezahlten Tätigkeit nachgehen dürfen, da kommt es oft  logischerweise zu Spannungen.

Diese Menschen auf mehrere, kleinere Aufnahmezentren zu verteilen, wäre daher ein logischer Schritt, den aber in diesem Land offenbar fast niemand bereit ist zu gehen.

Was nach wie vor fehlt, ist eine ehrliche und wertfreie Diskussion zum Thema Asyl und Migration. Aus dem Dritten Lager ist dabei ohnehin keine Stimme der Vernunft zu erwarten, schließlich bezieht es Jahr den Großteil seiner Wählerstimmen aus dem Spiel um die Angst vor den „Fremden“. Aber leider scheint auch von ÖVP und SPÖ keine Bereitschaft für eine solche Diskussion daz sein: die ÖVP versucht mit Ihrer Innenministerin mit ihrer Politik rechts außen zu überholen (was ihr niemals gelingen kann), und die SPÖ, die schweigt im besten Fall dazu.

So werdenFlüchtlinge in Österreich auch weiterhin Spielball im Polit- Match um Wählerstimmen bleiben.

Juni 212009
 

Eigentlich könnte man sich die Frage stellen, ob wir angesichts von Weltwirtschaftskrise und den Iranern, die dieser Tage für echte Demokratie kämpfen, keine anderen Sorgen haben.

Dennoch: auch die österreichische Demokratie weist teilweise erhebliche Mängel auf, wie man dieser Tage wieder eindrucksvoll sehen kann. Namentlich ist es um die sogenannte „Vierte Gewalt“, die Medien, im Alpenland nicht gut bestellt.

Da ist es tatsächlich möglich, dass der greise Herausgeber ein Interview gibt, in dem er seine Wünsche bezüglich einem möglichen künftigen Kanzler und Bundespräsidenten äussert – und keiner protesiert hörbar dagegen.

Das Bedenkliche dabei ist nicht so sehr, dass sich Hans Dichand die beiden Prölls in die genannten Ämter wünscht, sondern dass er gleichzeitig Herausgeber einer Zeitung ist, deren marktbeherrschende Stellung in den meisten anderen europäischen Ländern – sieht man mal vom Problemfall Italien ab – in der Stärke nicht möglich wäre. In Österreich aber, da gibt es kein modernes Kartellgesetz, dass die Allmacht der Krone beschränkt – wie es für die Gesundheit der österreichischen Krone zuträlich wäre.

So MÜSSEN wir leider darüber sprechen, warum unser Schmalspur- Berlusconi gerade seinen falschen Sohn Faymann fallen lässt und stattdessen Pepi Pröll unterstützen will. Oder warum es möglich ist, dass eine angeblich „unabhängige“ Zeitung so massiv für die Partei des Hans-Peter Martin Partei ergreifen darf.

Letztendlich liegt es aber wieder einmal an der Feigheit und Unfähigkeit heimischer Politiker, die bisher nicht imstande waren, ein modernes Medienkartellrecht durchzusetzen.